Der Aufbruch in Japans Moderne: die Meiji-Restauration (2024)

Die Dynastie der Tokugawa regierte seit 1603 als das sogenannte Tokugawa-Shōgunat (Tokugawa bakufu 徳川幕府) Japan. Sie hatte die Macht über das Land in der bekannten Schlacht um Sekigahara im Jahr 1600 erlangt. Ihren Regierungssitz richteten die Tokugawa in der Burg in Edo ein, dem heutigen
Tōkyō. Daher spricht man auch von der Edo-Zeit (1603-1868), die für Wohlstand, kulturelle und soziale Entwicklungensteht.

Edo-Zeit (1603-1868): Feudalismus und bürgerliche KulturDie Edo-Zeit, oder auch Tokugawa-Zeit, beschreibt Japans letzte traditionelle Epoche. Es herrschte Frieden und Beständigkeit. Wo Wirtschaft...01.08.2016

Die Macht konzentrierte sich auf den Shōgun, der ein von Kriegen zerrüttetes Japan einte und politische und wirtschaftliche Reformen anstrengte. Das Shōgunat führte ein Steuersystem und eine strikte soziale Hierarchie ein. Die Kriegerklasse der Samurai kam im Rang nach der Herrscherklasse und den Daimyō (Landesfürsten), gefolgt von Bauern, Handwerkern und Kaufleuten. Der Kaiser (Tennō) verblieb in Kyōto, verlor jedoch jeglichen Einfluss im Lande.

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Abschließung nach außen

Die Edo-Zeit steht auch für eine radikale Politik der Abschottung. Japan, das über Jahrhunderte von Einflüssen aus China, Korea und auch Europa geprägt worden war, schottete sich ab der Mitte des 17. Jahrhunderts nach außen vollständig ab. Keinerlei ausländische Besucher – abgesehen von einigen Gesandten aus China – durften Japan mehr betreten, und das Christentum wurde zugunsten des Buddhismus vollständig verboten. Ein Ziel der Abschließung war, den Daimyō eine potentielle Einnahmequelle und damit die Möglichkeit der Machterlangung zu entziehen. Lediglich die kleine, künstlich geschaffene Insel Dejima vor Nagasakibot ausgewählten Handelsreisenden aus den Niederlanden und später Portugal eine befristete Aufenthaltsmöglichkeit.

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Japans kulturelle Blütezeit

Durch die Stabilisierung der politischen Verhältnisse und die Konzentration auf innere Angelegenheiten entwickelten sich die Landwirtschaft, der Handel und das Handwerk zusehends weiter. Der Lebensstandard der schnell wachsenden Bevölkerung stieg. Edo und andere Städte boomten. In diesen urbanen Zentren blühten Religion, Kunst, Kultur und Wissenschaft auf. Viele der heute populären traditionellen Elemente Japans entwickelten sich in der Edo-Zeit, wie beispielsweise die Kunst der Geisha, Holzschnitte oder das Kabuki-Theater.
Ganz friedlich verliefen die etwa 260 Jahre der Edo-Zeit natürlich nicht, doch im Vergleich zu früheren Perioden erlebte Japan eine bemerkenswerte Zeit des Friedens
und der kulturellen Entwicklung.

Wie kam es zum Ende der Edo-Zeit?

Das bakumatsu – also das Ende des bakufuder Tokugawa – begann offiziell 1853. Doch wie kam es dazu? Das Regierungssystem der Tokugawa hatte seine Fehler:Die überbordende Bürokratie, hohe Steuerlasten und Hungersnöte aufgrund von Missernten führten bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts vermehrt zu Bauernaufständen. Viele der Samurai erlebten aufgrund von Verschuldung einen sozialen Abstieg und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrten sich die Stimmen, die das Ende des bakufu und eine Wiedereinsetzung des Tennō verlangten.

Hinzu kam, dass vermehrt ausländische Mächte nachdrücklich versuchten, Kontakt mit Japan aufzubauen. Immer wieder landeten Schiffe aus Russland und den USA in Japans Häfen. 1853 schließlich, mit dem Auftauchen der sogenannten „schwarzen Schiffe“ Commodore Perrys, begann die erzwungene Öffnung Japans. Im sogenannten Harris-Vertrag (1858) öffnete Japan einige Handelshäfen für die Amerikaner und garantierte ihnen Exterritorialität.

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Diese erzwungene Öffnung Japans galt als Zeichen der zunehmenden Schwäche des Shōgunats und Rebellionen von Seiten der regionalen Lehensfürstentümer (han 藩) nahmen zu. So kam es – ganz verkürzt erklärt – nicht nur zur Absetzung der Familie der Tokugawa, sondern auch zur Wiedereinsetzung des Tennōs als Staatsoberhaupt.

Die Meiji-Restauration und die Modernisierung des Landes

Die Wiederherstellung der kaiserlichen Macht (ōsei fukko 王政復古) fand im Jahr 1868 statt und begründete die Meiji-Zeit (1868-1912) unter Tennō Mutsuhito (睦仁). Mit der Meiji-Restauration (meiji ishin 明治維新) begann ein weitreichender Umbruch in Japan, getreu dem Regierungsmotto Meiji „aufgeklärte Herrschaft“.

Das feudale Gesellschafts- und Ständesystem wurde abgeschafft und eine neue Regierung wurde gebildet. Der Sitz des Tennōs wurde von Kyōto nach Tōkyō verlegt, der Shintōismus wurde zur Staatsreligion erklärt und weitreichende Land- und Steuerreformen durchgeführt. Der gregorianische Kalender, ein neues Schulsystem und 1871 erstmals auch Präfekturen wurden eingeführt. Bei all diesen Reformen orientierte sich Japan an ausländischen Vorbildern, unter anderem auch an Preußen und Frankreich. Regierungsvertreter und Gelehrte unternahmen häufige Forschungsreisen ins Ausland; gleichzeitig wurden westliche Experten als Lehrer ins Land geholt.

Dieser Prozess der radikalen Erneuerung verlief selbstverständlich nicht ohne Rückschläge und Konflikte, doch stand an dessen Ende die Meiji-Verfassung von 1889. Diese sah die Etablierung des Staates als konstitutionelle Regierung mit einem Zweikammernsystem im Parlament nach britischem Vorbild vor, wobei die Macht beim Tennō verblieb.

Rasanter gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandel Kommunikation, Bildung und Transportwesen wurden weiter ausgebaut. Bereits 1872 wurde die erste Eisenbahnstrecke Japans in Betrieb genommen. Ebenso wurde ein Bankwesen nach europäischem Vorbild eingeführt, was die Entwicklung der Großindustrie beflügelte. Man orientierte sich bei diesen Unternehmungen, ebenso wie in Kunst, Mode und Alltagskultur, stark an westlichen Vorbildern.

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Mitte der 1880er-Jahre kam es jedoch zu einer leichten Korrektur des Kurses der allumfassenden „Verwestlichung“. Gleichzeitig fand nämlich in einigen Bereichen eine Rückbesinnung auch auf traditionell japanische Werte statt.

Eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der frühen Meiji-Zeit war zweifelsohne der Intellektuelle Fukuzawa Yukichi (福澤 諭吉, 1835-1901), der aufgrund seiner Sprachkenntnisse und Aufenthalte in Europa und den USA Informationen über westliche Kultur und Institutionen nach Japan brachte. Er gilt als der Vater der Modernisierung Japans. Zu seinen vielen Erfolgen gehört unter anderem die Förderung der Bildung in Japan; er gründete die prestigeträchtige Keiō-Universität in Tōykō. In Anerkennung seiner wichtigen Rolle in der Geschichte Japans ziert sein Konterfei heute die 10.000-Yen Note.

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Wie die Edo-Zeit für eine außergewöhnliche Periode des Friedens, Wohlstandes und Stabilität in Japan stand, so steht keine andere Zeitperiode wie die Meiji-Zeit für radikalen Umbau und Erneuerung. Es ist bemerkenswert, wie schnell die Entwicklung von einer feudalen Gesellschaft in eine moderne Nation vollzogen wurde. Die Meiji-Zeit endete mit dem Tod des Tennōs 1912, nicht jedoch endete die Modernisierung und Umstrukturierung Japans.

Dieser Text erschien in der April-Ausgabe 2018 von JAPANDIGEST und wurde für die Veröffentlichung auf der Webseite nachbearbeitet.

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